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welsÜberregionales | Kommentar | 24.06.2019

Warnungen anstatt Einstellungs-Tipps auf Sommerhitze

Medien-Schlagzeilen um Ängste

Das längst überzeichnete Medienangebot schlägt immer mehr wilder um sich, um Aufmerksamkeit zu erregen. So wird der noch geneigte Konsument geradezu vom Schlagzeilen-„Donnerwetter eingedeckt: Warnungen vor Wetterkapriolen, Negativrekorde, Schädlingsbefall und so weiter und so fort. So erspart man sich die einst so geforderte „Recherche“ und trägt nicht dazu bei, der Bevölkerung eine positive Einstellung zu Wetter- und Naturphänomenen zu empfehlen.
Kaum ein Medien-Unternehmen in Österreich kann sich durch den Produktverkauf selbst finanzieren, jeder kämpft um Inserate und Förderungen aller Art. Mit ständigen Befragungen möchte man die Aufmerksamkeit auf sich lenken, möglichst aufregende Schlagzeilen sollen den Verkauf zusätzlich anregen.
Da kam in der Politik die sogenannte „Ibiza-Affäre“ gerade recht, um ein Schlagzeilen-Gewitter zu starten, das wieder einen Rekord auslöste: Da waren sich wohl alle einig, dieses Skandal ist einzigartig. Doch alles hat zwei Seiten. Da geht es nicht mehr um den Anlass, sondern um Menschenhetze und das Ansehen der Politik in eine rekordverdächtige Tiefe zu treiben.
Da werden zwei Politiker, die sich dem allgemeinen Trend der Persönlichkeits-Schwäche vom Wahlvolk abgehoben haben, professionell vorgeführt und einzelne Videoszenen eines eigentlich völlig privaten Treffens an Medien „verkauft“ – und sogar eine Zeitung wie die ansonsten seriöse Süddeutsche Zeitung haben diesen Skandal dankbar aufgegriffen. Und das ausgerechnet in einer Zeit, in der die EU-Abgeordneten uns einen grotesken Datenschutz aufgezwungen haben!
Welche Daten sind denn wirklich noch geschützt?
Der sogenannte Politskandal hat dies deutlich aufgezeigt. Die Menschenhetze und die Negativ-Berichterstattung hat ein Ausmaß angenommen, dass ein Zusammenleben selbst auf „unserer Wohlstandsinsel“ schwieriger macht. Man darf sich nicht wundern, dass der Eigennutz immer mehr eine zentrale Rolle einnimmt.
Und um das friedliche Miteinander noch mehr zu stören, werden wir tagtäglich von Krimis mit abgrundtiefen Verbrechen überrollt und mit laufenden Messerstecher-Meldungen konfrontiert. Trotzdem gib es in Österreich, und das vor allem in ländlichen Gebieten, noch so etwas wie lebenswerte Idylle und viele, viele Menschen, die mit freiwilligem Einsatz unser Wertesystem aufrecht halten.
Wer sich heute noch aus idealistischen Gründen für die Tätigkeit in der Politik interessiert, sollte sich vorher mit der Realität beschäftigen. Schon allein das in der Aufbauphase nach 1945 aufgebaute System der 100-Prozent-Absicherung von Beamten, das lächerliche politische Farbenspiel, die ungerechtfertigte Kostenexplosion bei der Parteifinanzierung und die Abstimmungsdisziplin sind schon alleine ein Warnsignal für alle, die sich für die Gemeinschaft einsetzen wollen.
Wer setzt der Medienschwemme ein Ende?
Wer verhindert, dass Politiker sich mehr mit Interviews als mit der Tagesarbeit beschäftigen müssen?
Wer verhindert die indirekte Finanzierung von Medien durch Wahlinserate und öffentlichen Unternehmen, die seitenweise Inserate schalten müssen?
Und wer kommt auf die Idee einen Staat zu führen wie ein erfolgreiches Unternehmen? Und so weiter und so fort...
Test möglich? Da könnte man in den kleineren Gemeinden mit einem „Start up“ beginnen. Nicht Parteien bestimmen die Gemeindeführung, sondern ein Bürgerrat aus allen Bevölkerungs-Schichten schreibt die Positionen aus und wählt die besten Bewerber. Ein zeitlich begrenzter Vertrag könnte so wie in einer Firma davor schützen, dass ein Amt nicht erfolgreich geführt wird. Und dann müssten die Menschen nicht nach der politischen Farbe, sondern nach ihren Leistungen beurteilt werden.

So wie einst – das liegt schon mehr als 40 Jahre zurück – die Chance verpasst wurde, Frauen nicht zu Überleistungen (Haushalt, Familie, Arbeit) herauszufordern. Eine Mutter hätte entscheiden können, ob sie daheim bei ihren Kindern bleibt und dafür einen offiziellen Gehalt (!) bekommt, oder sich für einen Beruf entscheidet. Dafür wäre dann ein Gratis-Kindergarten gerechtfertigt gewesen. Die geringen Geburtenzahlen und die vielen Scheidungen sind nur ein Teil der falschen Entscheidungen.
Detlef Heyss

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